Fotografen-Unternehmen

Mitarbeiter des Fotografenunternehmens Adolphe Brauns während einer Fotokampagne der Uffizien in Florenz, 1888
Das Dissertationsprojekt erforscht die Konzeption der Fotografie im 19. Jahrhundert. Es gilt die besondere Bedeutung der neuen Technik für Fragen der Bildreflexion sichtbar zu machen, wobei dem Verhältnis von Hersteller und Bild eine Sonderstellung zukommt. A priori wird das Wesen fotografischer Bilder auf die apparative Bildherstellung zurückgeführt. Die Vorstellung einer bildhaft geronnenen Selbstevidenz objektiver Wirklichkeit legt sich in der Frühphase der Fotografie über den herkömmlichen, anthropologisch oder theologisch determinierten Bildbegriff. Keineswegs verliert der Hersteller deshalb aber seine epistemologische Funktion. Er tritt viel eher in ein dialektisches Verhältnis zum Bild; während die Fotografie nicht als Artefakt, sondern als Reproduktion einer objektivierbaren Wirklichkeit bestimmt wird, besteht dennoch das Bewusstsein einer ästhetischen Eigenwirklichkeit des Bildes fort, für die der Fotograf mitverantwortlich ist. Folglich konzentriert sich die Dissertation auf den Hersteller in seiner spezifischen Signifikanz im und zum Bild, eine in der Fototheorie bis dato zumeist ausgeklammerte Perspektive. Unter der Prämisse einer hermeneutischen Potenz des Fotografen soll pointiert die Entwicklung einer historischen ebenso wie zeitgenössischen Bildtheorie reflektiert werden.

Dazu geht das Vorhaben anhand eines Fallbeispiels vor. Der französische Textildesigner Adolphe Braun begründete 1854 im elsässischen Mulhouse ein Fotoatelier, das sich bis zu seinem Tod 1877 zu einem der größten Fotografen-Unternehmen Europas entwickelte. Damit erstreckt sich die Arbeitsphase des Unternehmens auf eine Periode, die für die Konzeption der Fotografie wie kein anderer Zeitraum prägend ist. Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden ausgewählte Serien im Zusammenhang der Modalitäten ihrer Produktion betrachtet. Vergleiche mit kommerziell und künstlerisch konnotierten Bildpraktiken sowie -ästhetiken weisen auf die bildtheoretischen Konsequenzen der Entwicklungen hin, die analog zur Demokratisierung, Popularisierung, Industrialisierung und Kommerzialisierung der Bildkultur verlaufen.